Anton GRAF, geboren am 14. Juni 1899 in Braunau am Inn, war Maschinenschlosser, Eisenbahner, verheiratet und hatte einen Sohn. Die Familie, die im Sommer 1932 von Wörgl, dem Tiroler Eisenbahnknoten, in die Gemeinde Gnigl übersiedelte, wohnte im Haus Minnesheimstraße 2.
Bis Februar 1934 hatte die noch eigenständige Gemeinde Gnigl einen Bürgermeister, der Eisenbahner und Sozialdemokrat war.
Anton GRAF, mittlerweile Oberwerkmann der Zugförderleitung Salzburg 2, war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, der Kinder- und Naturfreunde und der Freien Gewerkschaft bis zu ihrem Verbot im Jahr 1934.
Er zählte unterm Austrofaschismus zwar nicht zu den verfolgten Revolutionären Sozialisten Österreichs (RSÖ), hatte aber schon damals Kontakte zu verfolgten Sozialisten: Johann Lenk, Josefine und Alois Brunner aus Wörgl, Dr. Johann Otto Haas aus Wien, Hermann Frieb und Josef (Bebo) Wager aus Bayern, die ein überregionales Widerstandsnetz knüpften, das unter dem NS-Regime bis zum Kriegsjahr 1942 aktiv blieb.
Im Verlauf des Jahres 1939 gelang es dem in der Reichsbahnwerkstätte Salzburg beschäftigten Metalldreher Engelbert WEISS, die unter der österreichischen Diktatur zerschlagene Organisation der Revolutionären Sozialisten in Salzburg zu reaktivieren und entlang den Schienenwegen auszubauen, wobei ihm die Eisenbahner August GRUBER, Alfred Reska und Karl Seywald als Vertrauensleute zur Seite standen. Anton GRAF, Aktivist seit November 1939, fungierte als Verbindungsmann zwischen der Salzburger RSÖ-Leitung und den Spitzenfunktionären in Wien, Tirol und Bayern, die ihre konspirativen Aktivitäten zu koordinieren versuchten.
Bekannt ist überdies, dass die bayrischen Widerstandskämpfer Hermann Frieb und Josef (Bebo) Wager in den ersten Kriegsjahren, zuletzt Anfang 1942, in den Wohnungen von Anton GRAF und Engelbert WEISS an konspirativen Gesprächen teilnahmen.
Derweilen war es einem Gestapomann aus Bayern gelungen, in das Widerstandsnetz einzudringen. Der im August 1941 nach Salzburg zugezogene Gestapo-Beamte Josef Kirschner agierte als »Spitzel« (verdeckter Ermittler) in den konkurrierenden Gruppen der KPÖ und RSÖ, denen es misslungen war, sich zusammenzuschließen und damit die Widerstandsbewegung zu stärken.
Anfang des Kriegsjahres 1942 vermochte die Gestapo zunächst die beiden Widerstandsgruppen in Salzburg und schließlich das gesamte überregionale Widerstandsnetz aufzurollen und zu zerschlagen.
Der am 3. April 1942 in Salzburg verhaftete Anton GRAF wurde beschuldigt, »in mehreren Fällen Verbindungen zwischen führenden Funktionären der Revolutionären Sozialisten des Altreichs und der Ostmark hergestellt« zu haben.
Tiroler, Bayern, Wiener und Salzburger fielen dem Terror zum Opfer, verloren ihre Köpfe durch das Fallbeil: Josefine und Alois Brunner aus Wörgl, Hermann Frieb aus München, Josef »Bebo« Wager aus Augsburg, Johann Otto Haas aus Wien, Anton GRAF, August GRUBER und Engelbert WEISS aus Salzburg.1
Gestapo-Mann Josef Kirschner, »der dem Gerichtshof aus zahlreichen Verfahren als äußerst tüchtiger und findiger Beamter bekannt ist«, konnte gegen Kriegsende unbehelligt untertauchen.
Kaum bekannt ist, dass vom 6. bis zum 9. April 1943 vier Prozesse des 6. Senats des »Volksgerichtshofes« unter dem Vorsitz des »Volksgerichtsrats« Walter Hartmann im Schwurgerichtssaal des Landesgerichtes Salzburg stattfanden.
An diesen vier Tagen verhängte der 6. Senat über fünf Kommunisten und einen Sozialisten die Todesstrafe. Der am 8. April 1943 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zum Tode verurteilte Sozialist Anton GRAF wurde 44-jährig am 21. Juli 1943 im Landesgericht Wien mit dem Schafott enthauptet.
Seine verwitwete Ehefrau Maria Graf, die wie ihr Mann gefährliche Kurierdienste für die Revolutionären Sozialisten erledigt hatte und mehrere Monate im Polizeigefängnis Salzburg inhaftiert war, sich dabei eine schwere Krankheit zuzog, wurde im befreiten Österreich als »Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich« anerkannt.
Sie starb 74-jährig im Jahr 1978 in Salzburg. Ihr Sohn Anton, der Verwaltungsjurist war, starb 1997.
Im Jahr darauf wurde in Gnigl ein öffentlicher Verkehrsweg nach dem hingerichteten Eisenbahner Anton GRAF benannt.
1 Mindestens 79 Aktivistinnen und Aktivisten, davon 29 Eisenbahner, aus den kommunistischen und sozialistischen Widerstandsgruppen in Stadt und Land Salzburg kamen in Konzentrationslagern oder Zuchthäusern zu Tode, darunter zwölf RSÖ-Genossen: Valentin AGLASSINGER, Karl BÖTTINGER, Anton GRAF, August GRUBER, Konrad LORENZ, Josef MACKINGER , Josef PFEFFER, Franz ROIDER, Johann WAGNER und Engelbert WEISS sowie die beiden Eisenbahner Georg Klappacher und Johann Pramer aus Hallein. Nach der Befreiung Salzburgs starb Karl RINNERTHALER an den Haftfolgen. Im spanischen Bürgerkrieg fielen die jungen RSÖ-Aktivisten Walter HINTSCHICH und Franz SCHMIDHAMMER als Angehörige des Österreicher-Bataillons 12. Februar 1934.
Quellen
- Stadt- und Landesarchiv Salzburg
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Stolperstein
verlegt am 03.07.2014 in Salzburg, Minnesheimstraße 2