Julius LEVI, am 8. März 1878 in München geboren, war der ältere von zwei Söhnen des jüdischen Ehepaares Klara, geborene Thalheimer, und Albert Levi, beide aus Aufhausen (Gemeinde Bopfingen) in Baden-Württemberg: eine der wenigen deutsch-jüdischen Familien, die sich seit den 1880er Jahren in der österreichischen Stadt Salzburg niederließen, aber deutsche Staatsangehörige blieben.
Die großteils miteinander verwandten Familien hießen Baer, Bernheim, Dreifuß, Einstein, Jacoby, Leiter, Levi, Neuburger, Oppenheimer, Ottenheimer und Thalheimer.

Die 1890 am Waagplatz in Salzburg eröffnete Filiale der Münchner Seiden- und Samtwarenhandlung Neuburger & Einstein und der von Albert Levi im Jahr 1884 gegründete Großhandelsbetrieb am Residenzplatz, danach Sigmund-Haffner-Gasse und Rainerstraße, zählten zu den namhaften Unternehmen während der Monarchie Österreich-Ungarn.
Firmenchef Albert Levi war überdies Eigentümer des Hauses Markus-Sittikus-Straße 11.
Er starb am 20. März 1913 in Salzburg und wurde auf dem jüdischen Friedhof bestattet. Albert Levis Reputation kommt noch in der Todesanzeige seiner Hinterbliebenen zum Ausdruck – eine der raren Anzeigen Salzburger Juden in der großbürgerlich-liberalen Neuen Freien Presse (22. März 1913).

Im Jahr 1909 heiratete Julius LEVI in Prag die Jüdin Marianne Schalek. Ihr am 14. September 1914 in Salzburg geborener Sohn erhielt als Stammhalter den Vornamen seines verstorbenen Großvaters Albert Levi.

Dessen jüngerer Sohn Fritz Isidor, geboren am 14. März 1881 in München, war mit der Britin Ethel Marion Arnold verheiratet: ein vielreisendes Paar ohne Kinder.
Da die Brüder Julius und Fritz kaum geschäftliche Ambitionen entwickelten, leitete Adolf JACOBY, ein Verwandter aus Aufhausen, in Salzburg die Firmengeschäfte.

Das antisemitische Salzburg kannte die Namen und Adressen aller Jüdinnen und Juden. Auch die Witwe Klara Levi und ihre Söhne Julius und Fritz stehen im »Judenkataster« des Eisernen Besens, jener rassistischen Hetzschrift des 1919 in Wien gegründeten österreichischen Antisemitenbundes, der sich die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und die Vertreibung aller Juden zum Ziel gesetzt hatte.

In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass die in Salzburg lebenden deutsch-jüdischen Familien ihre Staatsbürgerschaft beibehielten – mit einer Ausnahme: die Familie Julius LEVI, die im Jahr 1924 das Heimatrecht der Stadt Salzburg und die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hatte.
Julius LEVI war außerdem seit 1917 Eigentümer des Hauses Plainstraße 29 im noblen Salzburger Stadtteil Elisabethvorstadt. Seine Ehe ging aber Anfang der 1930er Jahre in die Brüche und wurde in Wien geschieden.
Marianne Levi und ihr mittlerweile 15-jähriger Sohn Albert zogen zu Verwandten nach Prag. Julius LEVIS Mutter Klara starb im Mai 1933 in Salzburg und wurde im Grab ihres Mannes beigesetzt.

Sein Bruder Fritz Levi und dessen Frau Ethel wohnten noch eine Zeit lang in Salzburg und in der Landgemeinde Lamprechtshausen.

Im Gewaltjahr 1938 flüchteten die beiden nach England. Fritz Levi starb am 23. Dezember 1958 in Nottingham. Auch den wenigen 1938 noch in Salzburg wohnenden deutsch-jüdischen Familien, Adolfine und Max Dreifuß, Adolf, Helene und Ernst Jacoby, Mathilde, Leopold, Ludwig und Max Ottenheimer, gelang die Flucht: alle nach Argentinien außer Adolf JACOBY, der bei seinem Sohn Hans in Den Haag Zuflucht fand und dort 83-jährig am 2. Jänner 1943 starb.

Der alleinstehende Julius LEVI – sein Haus in Salzburg hatte er nach seiner Ehescheidung verkauft – wohnte dort noch eine Zeit lang oder bei seinem Bruder in Salzburg und zuletzt in Wien 9, Seegasse 8: am 11. Jänner 1942 »abgemeldet nach Riga« laut Polizeimelderegister.
Er habe den 8. Mai 1945 nicht überlebt, heißt es in der Todeserklärung des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen vom 24. April 1956.

In den Shoah-Datenbanken lautet sein Familienname »LEWI«: Der 63-Jährige hatte die Nummer 414 im zweiten Wiener Transport mit 1.000 Jüdinnen und Juden: Abfahrt am 11. Jänner 1942 vom Wiener Aspangbahnhof, Ankunft am 15. Jänner 1942 in Riga, der von deutschen Truppen besetzten Hauptstadt von Lettland, dem Sitz des »Reichskommissariats Ostland«.

Im Ghetto Riga, im KZ Salaspils und im Wald von Bikernieki wurden 4.200 österreichische Jüdinnen und Juden ermordet, darunter Berta, Paula und Leah EISENBERG, Natalie ROSENTHAL und Julius LEVI aus Salzburg.

In der Heimatmatrik der Stadt Salzburg sind Julius LEVI und sein Sohn Albert eingetragen. Daraus geht hervor, dass der am 14. September 1914 in Salzburg geborene Albert Levi die Terrorjahre – vermutlich unter einem falschen Namen – überleben konnte, seinen Namen nach der Befreiung in Wien offiziell ändern ließ und nach London emigrierte.

Auf dem jüdischen Friedhof in Salzburg befinden sich die Grabsteine seiner Großeltern Albert und Clara Levi und seiner Urgroßmutter Ernestine Thalheimer.

Quellen

  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv
  • Totenbuch IKG Salzburg
  • Shoah-Datenbank Yad Vashem
  • Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 28.09.2017 in Salzburg, Plainstraße 29

<p>HIER WOHNTE<br />
JULIUS LEVI<br />
JG. 1878<br />
DEPORTIERT 11.1.1942<br />
RIGA<br />
ERMORDET 1942</p>
Grabstein von Albert & Clara Levi auf dem jüdischen Friedhof in Salzburg
Foto: Gert Kerschbaumer Todesanzeige von Albert Levi in der »Neuen Freien Presse« vom 22. März 1913 Foto: Gert Kerschbaumer

Alle Stolpersteine: Plainstraße 29