Wilhelm GROISS wurde – laut den Aufzeichnungen der Friedhofsverwaltung in Salzburg – am 15. Juni 1918 in Linz geboren. In den Geburten- und Taufbüchern ist jedoch kein zutreffender Eintrag zu finden.

Recherchen belegen allerdings, dass Wilhelm GROISS einer von drei jungen Wehrmachtsdeserteuren war, die in der Endphase des Vernichtungskrieges am selben Tag, zur selben Uhrzeit und am selben Ort erschossen wurden.

Am 8. März 1945 ließ das Kriegsgericht der Division 418 seine im Salzburger Justizgebäude verhängten Todesurteile gegen den 26-jährigen Wilhelm GROISS, den 25-jährigen Georg KÖSSNER und den 20-jährigen Ernst PICKL auf dem Militärschießplatz in Glanegg von einem 30 Mann starken »Vollzugskommando« exekutieren.

»Oberstabsrichter« Dr. Erich Peyrer-Heimstätt1, ein österreichischer Notar, der als Kriegsrichter der deutschen Wehrmacht Todesurteile fällte, protokollierte am 8. März 1945 den »Vollzug« in der Sprache der Mörder, empathielos und skrupellos:


Die Verurteilten standen um 16 Uhr 40 am Richtplatz.
Die Verurteilten waren an den Richtpfählen angebunden, jedoch wurden ihnen über ihren eigenen Wunsch die Augen nicht verbunden.
Die angetretene Einheit [Vollzugskommando] stand auf Kommando mit »Gewehr über« still.
Der Heeresrichter las den Verurteilten die Urteilsformel und die Bestätigungsverfügung vor. Er fragte sie, ob sie noch etwas zu erklären hätten. Die Verurteilten erklärten nichts.
Der Geistliche erhielt letztmalig Gelegenheit zum Zuspruch.
Das Vollzugskommando von 30 Mann war 5 Schritte vor den Verurteilten aufgestellt.
Das Kommando »Feuer« erfolgte um 16.43 Uhr.
Die Verurteilten starben gefaßt.
Der San. Offizier stellte um 16.44 Uhr den Tod fest.
Die Leichen wurden eingesargt und auf den Kommunalfriedhof Salzburg überführt.
[Unterschrift des Oberstabsrichters Dr. Peyrer-Heimstätt]

Die Leichen wurden auf dem Kommunalfriedhof in Salzburg begraben, wobei die Kriegsjustiz jegliche Totenehrung inklusive Traueranzeigen zu verhindern wusste – damnatio memoriae.

Gegen Kriegsende gelang es den Blutrichtern, einen Großteil ihrer Akten – ihrer Täterspuren – zu vernichten, weshalb Wilhelm GROISS einer unter vielen Opfern der Kriegsjustiz ist, die weder in der Opferdatenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes noch in der 1991 publizierten Dokumentation Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945 aufscheinen.

Die Identität des Justizopfers Wilhelm GROISS ist bis heute ungeklärt.

1 Dr. Erich Peyrer-Heimstätt (geb. 1899, gest. 1977 in Salzburg), im Zivilberuf Notar, in den Kriegsjahren 1944/45 »Oberstabsrichter« des Kriegsgerichtes 418, im befreiten Österreich wieder seinen Zivilberuf ausübend, schließlich Mitglied des Kuratoriums der Internationalen Stiftung Mozarteum und Präsident der Freunde der Salzburger Festspiele.

Quellen

  • Österreichisches Staatsarchiv: Protokoll des Kriegsgerichtes der Division 418 vom 8. 3. 1945
  • Stadtarchiv Salzburg: Mitteilung der Friedhofsverwaltung vom 21. 1. 2022
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 27.09.2022 in Salzburg, Kajetanerplatz 2

<p>WILHELM GROISS<br />
JG. 1918<br />
KRIEGSDIENST VERWEIGERT<br />
ERSCHOSSEN 8.3.1945<br />
GLANEGG BEI SALZBURG</p>
Gedenktafel am Salzburger Landesgericht
Foto: Gert Kerschbaumer Kriegsgericht Div. 418 vom 8. März 1945: »Kommando Feuer«

Alle Stolpersteine: Kajetanerplatz 2