Heinrich GITTLER, geboren am 23. Mai 1915 in Salzburg, war das erste von sechs Kindern des katholischen Ehepaares Marie und Heinrich Gittler, ein Schlosser, der früh verstarb.
Im Jahr 1930 heiratete die verwitwete Mutter der noch minderjährigen Kinder wieder.
Die nach österreichischem Recht in Salzburg heimatberechtigte Familie wohnte in einer Baracke an der Hellbrunnerstraße (heute Josef-Preis-Allee – Ulrike Gschwandtner-Straße).1
Heinrich jun., der den Beruf Bäcker erlernte und ledig blieb, wohnte in den 1930er Jahren in der Gemeinde Gnigl (seit 1935 ein Stadtteil von Salzburg), wo er vermutlich mit politischen Aktivisten in Kontakt kam. Mangels Polizei- und Gerichtsakten lässt sich dazu nichts Konkretes sagen. Das Gewaltjahr 1938 erlebte er 23-jährig.
Gewiss ist, dass GITTLER unter dem NS-Regime zu der von Franz OFNER reaktivierten kommunistischen Widerstandsbewegung zählte.
Er wurde Anfang 1940 von Anton SCHUBERT für die illegale Kommunistische Partei (KPÖ) angeworben, war Aktivist der Ortsgruppe Gnigl und seit Anfang 1941 ihr Leiter.
Zu Beginn des Kriegsjahres 1942 gelang es der Gestapo mit Hilfe eines »Spitzels« (verdeckten Ermittlers), die Widerstandsnetze der KPÖ und Revolutionären Sozialisten (RSÖ) zu zerschlagen.
Mindestens 79 Aktivistinnen und Aktivisten, darunter 29 Eisenbahner aus beiden Widerstandsorganisationen in Stadt und Land kamen in Konzentrationslagern oder Zuchthäusern zu Tode.
Heinrich GITTLER, der zuletzt bei seiner Familie an der Hellbrunnerstraße wohnte, wurde am 18. Jänner 1942 von der Gestapo verhaftet, zunächst im Polizeigefängnis und dann im Gefangenenhaus des Landesgerichtes Salzburg inhaftiert, im April 1942 in das bayrische Zuchthaus Landshut und von dort wieder in das Gefangenenhaus des Landesgerichtes Salzburg überstellt.
Kaum bekannt ist, dass im Frühjahr 1943 im Schwurgerichtssaal des Landesgerichtes Salzburg die Strafprozesse des Berliner »Volksgerichtshofes« gegen insgesamt 17 Mitglieder der KPÖ und RSÖ stattfanden: zwölf gefällte Todesurteile, davon die meisten in München-Stadelheim vollstreckt.
Der am 9. April 1943 in Salzburg vom 6. Senat des »Volksgerichtshofes« (Vorsitz Walter Hartmann) wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zum Tode verurteilte Heinrich GITTLER wurde 28-jährig am 15. Juli 1943 in München-Stadelheim enthauptet.
Er hatte in seinen letzten Lebensstunden seiner Familie einen berührenden Abschiedsbrief geschrieben:
Nun habe ich mit meinem Leben abgeschlossen, denn heute um 17 Uhr ist meine letzte Stunde. Ich weiß, was für ein Schmerz das für Euch sein wird. Ich gehe mit reinem Gewissen aus dem Leben, das wird für Euch noch eine Erleichterung sein, wenn Ihr wisst, wie mir die letzten Stunden gewesen sind.
Meine Gedanken, sie waren immer bei Euch. Ich danke Euch für all das Gute, das Ihr mir gegeben, und für die Liebe, die die Mutter mir geschenkt hat.
Mein letzter Wunsch ist, dass Ihr alle recht lange lebt und dass Ihr eine gute Zukunft habt. Nun nehme ich Abschied für immer von Euch, verzeiht mir, dass ich Euch so einen großen Schmerz über Euch gebracht habe.Nun ade meine Allerliebsten, Mutter, Vater, Antschi, Franz, Poldi und Kurt. Ihr wisst, wie ich war, so bin ich auch gestorben. Meine letzten Grüße auch an gute Bekannte und Verwandte.
Euer Heini!
Heinrichs jüngerer Bruder Franz, der zur Deutschen Wehrmacht einrücken musste, erlebte die Befreiung nicht: gefallen im April 1945.
Ihre Mutter, die als Hinterbliebene eines Terroropfers im befreiten Österreich vergeblich um Opferfürsorge bat, starb 61-jährig.
Bemerkenswert ist noch, dass auf einem Gedenkstein für die unter dem NS-Regime ermordeten Salzburger Eisenbahner auch der Name Heinrich GITTLER steht.
1 In den städtischen Baracken an der Hellbrunnerstraße wohnten noch mindestens zwei Opfer: Alois Fleischhacker, von Beruf Schleifer, der nachweislich am 6. Jänner 1940 im KZ Mauthausen zu Tode kam, und Ludwig Koller, ein Tapezierer, der am 25. September 1944 von Dachau nach Buchenwald transferiert wurde und als verschollen gilt.
Quellen
- Stadt- und Landesarchiv Salzburg
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Stolperstein
verlegt am 03.07.2014 in Salzburg, Ulrike-Gschwandtner-Straße 5