Camill WEIL, geboren am 2. März 1885 in Prag, damals Österreich-Ungarn (seit 1918 Tschechoslowakische Republik), war das dritte von sieben Kindern des jüdischen Ehepaares Ludmilla, geborene Knina, und David Weil, einer Kaufmannsfamilie. Das Grab der in Prag (Praha) verstorbenen Eltern befindet sich auf dem neuen jüdischen Friedhof in Straschnitz (Strašnice).
Camill WEIL absolvierte die Technische Hochschule (Bauingenieur) in Prag und war seither im technischen Dienst der k. k. Österreichischen Staatsbahnen, seit 1910 in der Betriebsführung der Arlberg-Bahn, in Bludenz und St. Anton am Arlberg, seit den 1920er Jahren als Baurat der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in Zell am See und seit 1929 als Oberbaurat in Salzburg.
Er war seit 1909 verheiratet und hatte zwei in Bludenz geborene Töchter, Gerda und Ilse. Nach der Scheidung von seiner Frau Hilde Klein, einer Prager Jüdin, heiratete er im Magistrat der Stadt Salzburg eine Katholikin (eine interreligiöse Ehe). Bis November 1938 wohnte die Familie im Haus Josef-Mayburger-Kai 8.
In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden die wenigen in Salzburg noch lebenden Juden von der Gestapo verhaftet: die älteren Jahrgänge zumeist nach wenigen Tagen nach Wien abgeschoben, die Jahrgänge 1883 bis 1914, darunter Camill WEIL, am 12. November 1938 in das KZ Dachau deportiert.
Der als Jude und »Schutzhäftling« Nr. 23536 registrierte Camill WEIL wurde noch im selben Monat, am 28. November 1938, in Dachau entlassen, allerdings mit der Auflage das Deutsche Reich umgehend zu verlassen.
Aus dem Polizeimelderegister der Stadt Salzburg geht außerdem hervor, dass die Familie WEIL ihre schöne Wohnung am Josef-Mayburger-Kai zugunsten eines »Hauptschriftleiters« der NS-Presse räumen musste, bis 6. Dezember 1939 in Salzburg bei guten Freunden einquartiert war und sich nach Stockholm abmeldete.
Ungeklärt ist, mit welcher Flüchtlingshilfe, einer politischen oder religiösen, die Familie WEIL nach Schweden gelangen konnte. Schweden hatte 700 bis 1000 Flüchtlinge aus Österreich aufgenommen und diese eine Zeit lang interniert. Über das Leben der Familie WEIL im Exil ist nichts bekannt.
Verbürgt ist allerdings, dass Camill WEIL 58-jährig am 23. Juni 1943 in Stockholm starb.
Anzunehmen ist, dass er noch vor seinem Tod vom Schicksal seiner unter der deutschen Herrschaft im »Protektorat Böhmen und Mähren« lebenden Verwandten erfuhr: Seine sechs Geschwister Irma, Otto, Emil, Franz, Martha und Josef sowie ihre Angehörigen wurden am 28. April 1942 von Prag nach Theresienstadt und nach zwei Tagen, am 30. April, nach Zamosc bei Lublin deportiert: alle ermordet.
Jüngste Recherchen ergaben, dass Camill WEILs jüngere Tochter Ilse schon 1937 nach Schweden emigrierte und in Stockholm heiratete (Ehemann Arne Karlsson, Sohn Tom).
Nun wissen wir außerdem, dass Camill WEILs ältere Tochter Gerda (Gertrud) unter dem NS-Regime nach England flüchtete und dass ihre leibliche Mutter Hilde Reif, die wieder geheiratet hatte, das KZ Theresienstadt überlebte.
Hilde Reif und ihre in England lebende Tochter Gerda (Gertrud) emigrierten um 1948 nach Schweden.
Camil WEILs zweite Ehefrau Therese verließ Schweden und starb 1970 in Salzburg.
Quellen
- Stadt- und Landesarchiv Salzburg
- KZ-Gedenkstätte Dachau
- Narodni Archiv Praha
- Yad Vashem
Stolperstein
verlegt am 18.08.2016 in Salzburg, Josef-Mayburger-Kai 8