Christian WALLINGER, geboren am 7. Jänner 1910 in Aigen bei Salzburg, war katholisch, das jüngere Kind einer früh verwitweten Frau, die als Wirtschafterin auf einem Gut arbeitete.
Christian lebte bei seiner älteren Schwester Rosa, Ehefrau eines Eisenbahners, im Haus des prominenten Rechtsanwaltes und Politikers Dr. Julius Sylvester in Parsch, damals Gemeinde Aigen (seit 1939 ein Stadtteil von Salzburg).
Christian, der wegen seiner Krankheit keinen Beruf erlernen konnte, war seit April 1932 Pflegling in der Landesheilanstalt.
Er befand sich unter den 82 Patienten, die am 17. April 1941 nach Hartheim deportiert und dort ermordet wurden.
Der Tod des 31-jährigen Mannes ist wie bei allen Opfern der nationalsozialistischen Geheimaktion »T4«1 in der Polizeimeldekartei der Stadt Salzburg nicht vermerkt.
Nach der Befreiung Salzburgs berichtete Christians Schwester, der das Schicksal ihres Bruders sehr zu Herzen ging:
Mein Bruder befand sich bis 1941, als er ohne mein Wissen von der Anstalt [Landesheilanstalt in Salzburg] abgeschoben wurde, in Pflege.
Einige Tage vor seiner Abschiebung machte mich mein Bruder Christian gelegentlich eines Besuches in der Anstalt aufmerksam, dass in nächster Zeit Geisteskranke, aber nur schwere Fälle, von dort abgeschoben werden sollen. Von diesen abscheulichen Vorhaben ahnte er zur damaligen Zeit nichts.
Als ich von der Abschiebung Kenntnis erhalten habe, begab ich mich sofort zum damaligen Anstaltsleiter Dr. Leo Wolfer, welchem ich über die eigenmächtige Verbringung schwere Vorwürfe machte.
Dr. Wolfer suchte sich hierüber damit zu rechtfertigen, dass er nur im Auftrag von Berlin gehandelt hätte und ihm wäre in dieser Hinsicht kein Einwenden zugestanden, und schließlich drohte er mir, falls ich mich nicht beruhigen sollte, ich ebenfalls in der Anstalt interniert werden müsste. […]
Protokoll der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 6. September 1946
Der Anstaltsleiter Dr. Leo Wolfer, der im Jahr 1942 starb, konnte nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.
Christian WALLINGERs Schwester Rosa lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 1989 in Salzburg.
1 »T4«: benannt nach der »Euthanasie«-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4.
Hauptverantwortliche für die Krankenmorde in Salzburg: Dr. Friedrich Rainer als Reichsstatthalter, Dr. Oskar Hausner als Leiter des Gaufürsorgeamtes, Dr. Leo Wolfer als Leiter der Landesheilanstalt und Dr. Heinrich Wolfer als Leiter der erbbiologischen Abteilung der Landesheilanstalt (heute Christian-Doppler-Klinik).
Quellen
- Stadtarchiv Salzburg
- Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
Stolperstein
verlegt am 03.07.2014 in Salzburg, Gaisbergstraße 33