Das Zwangslager befand sich in Widerspruch zu seinem Namen im Salzburger Stadtteil Leopoldskron-Moos, nahe dem Schwarzgrabenweg.

Im September 1940 wurden 213 Sinti, die auf dem Trabrennplatz in Parsch konzentriert waren und nicht wie geplant in das besetzte Polen deportiert wurden, in das Zwangslager in Leopoldskron-Moos verfrachtet.

Nach den amtlich registrierten Abgängen, Tod infolge widriger Bedingungen, Flucht, Verhaftung, Verlegung oder Deportation in ein Konzentrationslager, befanden sich im Salzburger Zwangslager noch 170 Sinti inklusive der in Unfreiheit geborenen Kinder, die Anfang April 1943 zum kleineren Teil nach Lackenbach und zum größeren Teil nach Auschwitz-Birkenau, darunter über 100 Kinder und Jugendliche sowie 25 Komparsen der Filmemacherin Helene Riefenstahl, deportiert wurden – Zugang in Auschwitz-Birkenau (BIIe) am 3. April 1943, registriert unter Z-Nummern: Z bedeutete »Zigeuner«, Tod durch Gas, Hunger, Seuche oder Experimente des Arztes Dr. Josef Mengele.

In den Jahren 2007 bis 2014 wurden an einer frequentierten Stelle auf der rechten Seite der Glan, im Stadtteil Leopoldskron-Moos, zum Gedenken an die 18 in Salzburg geborenen und in Auschwitz ermordeten Kinder »Stolpersteine« verlegt.

Agathe BAUMANN (Salzburg 28. November 1941 – 12. Mai 1943 Auschwitz) & Frieda BAUMANN (Salzburg 17. August 1939 – 31. Oktober 1943 Auschwitz): Die Geschwister Agathe und Frieda waren Kinder der Musikantin Amalie Baumann (Blach) und des Musikanten Mathias Krems, der vom 28. Juni 1939 bis 22. Jänner 1941 in Dachau und Buchenwald inhaftiert war, hernach als »Kalfaktor« im Salzburger Zwangslager eingesetzt wurde.

Das Paar und seine vier Kinder Ernst, Anna, Frieda und Agathe wurden in Auschwitz ermordet. Die Mutter des Mathias Krems, die 1891 in Rödelheim geborene Anna Krems, Komparsin der Helene Riefenstahl, starb am 2. März 1943 in Salzburg, somit vor der Deportation ihrer Kinder Mathias, Bartholomäus, Maria und Anna.

Anton EBERLE (Salzburg 16. Juli 1940 – 23. Mai 1943 Auschwitz) & Gustav EBERLE (Salzburg 16. Dezember 1941 – 23. April 1943 Auschwitz): Die Geschwister Anton und Gustav waren Kinder der Schirmmacherin Berta Eberle und des Schleifers Josef Schöpf. Das Paar und seine fünf Kinder Ludwig, Franziska, Wilhelmine, Anton und Gustav sowie deren Großeltern Benedikt und Gertraud Eberle wurden in Auschwitz ermordet.

Agathe HERZENBERGER (Salzburg 2. Oktober 1941 – 21. Juli 1943 Auschwitz): Agathe war das fünfte Kind der Sängerin Therese Herzenberger und des Schirmmachers Lambert Blach (Baumann), der vom 28. Juni 1939 bis 8. Jänner 1941 in Dachau inhaftiert war, hernach als »Kalfaktor« im Salzburger Zwangslager eingesetzt wurde. Lamberts Mutter Pauline Blach, seine Partnerin Therese und seine vier ältern Kinder waren Komparsen der Helene Riefenstahl.

Therese Herzenberger, Lambert Blach, ihre fünf Kinder Rosa, Wilhelm, Rudolf, Anton und Agathe sowie deren Großmutter Pauline Blach wurden in Auschwitz ermordet. Therese Herzenberger war offensichtlich bei ihrer Deportation von Salzburg nach Auschwitz schwanger: das am 17. April 1943 in Auschwitz geborene Mädchen Sonia war am 30. April 1943 tot, im Lagerbuch registriert unter Z-7729.

Maria KERNDLBACHER (Salzburg 1. September 1940 – 8. April 1944 Auschwitz): Maria war ein Kind der im Jahr 1919 geborenen Magdalena Kerndlbacher aus der oberösterreichischen Familie Kerndlbacher-Lichtenberger. Nach dem Tod der kleinen Maria in Auschwitz wurde ihre Mutter in ein Zwangarbeitslager überstellt, wo sie offensichtlich überlebte, da sie im Jahr 1946 in einer Baracke der Stadt Salzburg, Kräutlerweg 2, gemeldet war. Der Vater des in Auschwitz ermordeten Kindes ist unbekannt.

Antonia KREMS (Salzburg 13. November 1942 – 3. Juni 1943 Auschwitz): Antonia war das fünfte Kind des Ehepaares Sophie, geborene Amberger, und Bartholomäus Krems, die am 13. September 1940 in Salzburg geheiratet hatten. Die Ehefrau Sophie Krems und ihre Söhne Johann und Willi waren Komparsen der Helene Riefenstahl.

Der am 20. Juli 1940 in Salzburg geborene Willi starb hier am 4. November 1941. Die Mutter des Bartholomäus Krems, die 1891 in Rödelheim geborene Anna Krems, Komparsin der Helene Riefenstahl, starb am 2. März 1943 in Salzburg, ein Monat vor der Deportation ihrer Familie. Ihr Sohn Bartholomäus, seine Frau Sophie und ihre Kinder Mathias, Marie, Johann und Antonia wurden in Auschwitz ermordet.

Josef KREMS (Salzburg 30. Juli 1941 – 1944 Auschwitz): Josef war das zweite Kind der 1916 in Neumarkt am Wallersee geborenen Anna Krems und ihres Partners Konrad Bernart. Anna Krems, ihre Kinder Olga und Josef und deren Großmutter Therese Bernart wurden in Auschwitz ermordet. Annas Partner Konrad Bernart, der 1943 von Auschwitz in ein Zwangsarbeitslager überstellt wurde, überlebte, kehrte zurück nach Salzburg und lebte hier bis 1962.

Juliana KREMS (Salzburg 26. April 1940 – 3. September 1943 Auschwitz): Juliana war das fünfte Kind der Sängerin Rosina Lehmann und des Musikanten Jakob Krems, die am 21. Oktober 1940 in Salzburg heirateten. Ihr sechstes Kind Regina starb nach der Geburt am 17. März 1942 in Salzburg. Das Ehepaar und seine fünf Kinder Rudolf, Johann, Karl, Maria und Juliana wurden in Auschwitz ermordet.

Katharina KUGLER (Salzburg 5. Februar 1941 – 15. Oktober 1943 Auschwitz): Katharina war das vierte Kind des Paares Maria Kugler und Walter Krems. Das Paar und seine vier Kinder Alois, Anna, Kreszentia und Katharina sowie deren Großmutter Therese Kugler wurden in Auschwitz ermordet.

Stefan LEIMBERGER (Salzburg 30. Jänner 1940 – Dezember 1943 Auschwitz): Stefan war das zweite Kind des Ehepaares Barbara, geborene Krems, und Josef Leimberger. Der Ehemann starb Ende 1939, noch vor der Geburt des Sohnes Stefan. Das erste Kind, die 1938 in Leoben geborene Tochter Anna, starb am 19. Mai 1942 in Salzburg.

Die verwitwete Mutter Barbara Leimberger wurde im April 1942, noch vor dem Tod ihres Kindes Anna, ins KZ Ravensbrück, im August 1944 ins KZ Buchenwald (Zwangsarbeitslager Schlieben und Altenburg) deportiert. Die Frau überlebte (laut Information des International Tracing Service in Bad Arolsen). Barbara Leimbergers Sohn Stefan, ihre Mutter Therese und Geschwister Agathe, Josef, Hedwig und Angela wurden in Auschwitz ermordet, ihr Vater Karl Krems im KZ Gusen (Mauthausen).

Helmuth LICHTENBERGER (Salzburg 9. Juli 1941 – 19. April 1943 Auschwitz): Helmut war das zweite Kind der Musikantin Rosalia, geborene Seger, und des Musikanten Stefan Leimberger, die am 10. Mai 1940 in Grödig geheiratet hatten, und hieß demnach Helmut Leimberger. Das Ehepaar und seine Kinder Stefan und Helmut wurden in Auschwitz ermordet.

Im Lagerbuch sind aus unbekannten Gründen der 1916 in Mainburg geborene Stefan Leimberger und seine beiden Söhne unter dem Namen Lichtenberger, die 1915 in Klagenfurt geborene Rosalia Seger unter dem Namen Lichtenberger-Lauenburger registriert.

Alban LUTZ (Salzburg 28. November 1940 – 3. Juli 1943 Auschwitz): Alban war das dritte Kind der Marktfahrerin Anna Bernart und des Hilfsarbeiters Johann Lutz, die am 7. Februar 1941 in Salzburg heirateten. Der Ehemann und Vater Johann Lutz wurde am 19. Februar 1943 im KZ Groß-Rosen (Schlesien) ermordet. Die Witwe Anna Lutz, ihre drei Kinder Olga, Elvira und Alban und deren Großmutter Therese Bernart wurden in Auschwitz ermordet.

Engelbert RAIMINIUS (Salzburg 7. Februar 1942 – 4. November 1943 Auschwitz) & Wilhelm RAIMINIUS (Salzburg 7. Juli 1940 – 16. November 1943 Auschwitz): Engelbert und Wilhelm waren die gemeinsamen Kinder des Paares Maria Raiminius und Karl Eberle, die noch sechs Kinder aus früheren Partnerschaften hatten. Die Mutter, ihre Kinder Karl und Otto aus ihrer ersten Partnerschaft, ihre Kinder Engelbert und Wilhelm aus ihrer Partnerschaft mit Karl Eberle und dessen Kinder Angela (eine Riefenstahl-Komparsin), Franz Xaver, Otto und Reinhold aus seiner ersten Partnerschaft sowie ihre fünf Pflegekinder Alma, Alois, Anna, Josef Wilhelm und Renate Maria, insgesamt 13 unter dem Familiennamen Raiminius registrierte Kinder, wurden in Auschwitz ermordet.

Unter den Opfern befinden sich auch Helene Riefenstahls Komparsin Amalia Raiminius, die Mutter der Maria Raiminius, deren Geschwister Anastasia, Anna, Ottilie und Stefanie sowie die Eltern des Karl Eberle, Gertraud und Benedikt, und sein Bruder Josef (siehe Anton und Gustav Eberle). Nur Karl Eberle, der Partner der Maria Raiminius und Vater von sechs Kindern, der 1943 von Auschwitz in ein Zwangsarbeitslager überstellt wurde, überlebte. Er kehrte zurück nach Salzburg, war hier Magistratsarbeiter und starb hier 1983.

Jakob REINHARDT (Salzburg 3. März 1941 – 19. Mai 1943 Auschwitz): Jakob war das Kind der 1920 in Ettishofen bei Ravensburg geborenen Wilhelmine Reinhardt. Der Kindesvater ist unbekannt. Jakobs Mutter wurde 1944 von Auschwitz in das KZ Ravensbrück überstellt. Sie überlebte, berichtete ein Nachkomme.

Walter REINHARDT (Salzburg 26. Oktober 1942 – 6. Mai 1943 Auschwitz): Walter war das Kind der 1923 in Ringschnait bei Biberach geborenen Wilhelmine Reinhardt und des Partners Karl Winter. Der Kindesvater wurde im KZ Gusen (Mauthausen) ermordet. Walters Mutter wurde 1944 von Auschwitz in das KZ Ravensbrück überstellt. Sie überlebte, berichtete ein Nachkomme.

Materialien

  • PDF Sinti Auschwitz-Birkenau
    Das vom Historiker Gert Kerschbaumer erstellte Verzeichnis der von Salzburg nach Auschwitz deportierten Sinti.

Links

Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 22.06.2009 in Salzburg, Schwarzgrabenweg

<p>ENGELBERT<br />
RAIMINIUS<br />
GEB. 1942<br />
IM LAGER MAXGLAN<br />
DEPORTIERT 1943<br />
AUSCHWITZ<br />
ERMORDET 4.11.1943</p>
»Zigeunerlager Maxglan«
Foto: Verein Ketani »Zigeunerlager Maxglan«
Foto: Verein Ketani »Zigeunerlager Maxglan«
Foto: Verein Ketani »Zigeunerlager Maxglan«
Foto: Verein Ketani

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