Paul (Salo) FISCHER, geboren am 31. August 1876 in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien, war das jüngste von neun Kindern des jüdischen Ehepaares Johanna, geborene Budschowitz, und Adolf Fischer, der Kantor des Wiener Stadttempels und Bürger der Stadt Wien war.
Der Vater starb 1888, die Mutter 1914, beide bestattet in der israelitischen Abteilung Tor 1 des Wiener Zentralfriedhofs.
Paul FISCHER konvertierte 1913 zum katholischen Glauben und heiratete in der Pfarre St. Leopold die Katholikin Leopoldine Pohl, Solotänzerin an der Wiener Hofoper. Das Ehepaar hatte zwei in Wien geborene Söhne: Paul (geb. 1914) und Otto (geb. 1921).
Bekannt ist auch die musikalische Laufbahn Paul FISCHERs: Geiger an der Hofoper, Mitglied der Wiener Philharmoniker und der Hofmusikkapelle, Titel Hofmusiker und Professor, ab 1905 zweiter Geiger im renommierten Quartett des Arnold ROSÉ.
Paul FISCHER hatte mit dem Rosé-Quartett neun Auftritte im Großen Saal des Mozarteums: erstmals in zwei Matineen im Festspielsommer 1922, des Weiteren in den Festspielsommern 1925, 1926, 1930, 1935 und zum letzten Mal am 30. August 1936 gemeinsam mit Alma ROSÉ.
Anfang der 1930er Jahre erwarb das Ehepaar Leopoldine und Paul FISCHER in Morzg bei Salzburg ein kleines Haus, das unter dem NS-Regime nicht enteignet wurde, weil nur die Ehefrau, die keine Jüdin war, im Grundbuch als Eigentümerin aufscheint.
Im März 1938 – ehe in Österreich die »Nürnberger Rassengesetze« in Kraft traten – wurde Paul FISCHER 61-jährig aus dem Orchester der Wiener Staatsoper und Philharmoniker vertrieben, daraufhin zwangspensioniert, überdies mit gekürzter Pension, um deren Bezug er zu kämpfen hatte.
Im nationalsozialistischen Wien geriet die Familie FISCHER in eine Notlage. Ein schweres Unglück kam hinzu: der Tod des 26-jährigen Sohnes Paul im Februar 1941 – vermutlich Suizid.
Im Frühjahr 1942 wurde die Familie aus ihrer Wohnung im 5. Bezirk vertrieben und im 2. Bezirk in eine »Sammelwohnung« gepfercht.
Der an Neuritis leidende Paul FISCHER starb 66-jährig am 4. November 1942 im jüdischen Krankenhaus, 2. Bezirk, Malzgasse 16.
Seine Ehefrau Leopoldine, die sich nicht scheiden ließ und damit ihren Ehemann vor der Deportation bewahren konnte, und ihr jüngerer Sohn Otto überlebten die Terrorjahre in Wien.
Quellen
- Israelitische Kultusgemeinde Wien
- Archiv der Salzburger Festspiele
- Österreichisches Biographisches Lexikon
- Richard Newman: Alma Rosé, Wien 1906 – Auschwitz 1944. Eine Biografie, Bonn 2003
- Bernadette Mayrhofer, Fritz Trümpi: Orchestrierte Vertreibung. Unerwünschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil, Wien 2014
Stolperstein
verlegt am 17.08.2020 in Salzburg, Max-Reinhardt-Platz