Karl REITMAIER, geboren am 26. Juni 1913 in Linz, war katholisch, ledig und von Beruf Schneider. Er lebte in Salzburg und wohnte bei seinem verwitweten Vater, einem Hilfsarbeiter, im Stadtteil Itzling.

Über sein Leben ist wie bei den meisten kleinen Leuten wenig bekannt.
Er wurde im Lauf des Kriegsjahres 1941 zur Deutschen Wehrmacht einberufen und war zuletzt Angehöriger der 15. Kompanie des Gebirgsjäger-Regiments 143.1

Aus der Kriegssterbefallanzeige geht hervor, dass der 29-jährige Karl REITMAIER wegen »Fahnenflucht« (Desertion) von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und am 27. Juni 1942 auf dem Militärschießplatz in Glanegg bei Salzburg erschossen wurde.2

Seine Motive für die Desertion sind unbekannt, da die Kriegsgerichtsakte bislang nicht gefunden werden konnte, vermutlich vernichtet wurde. Anzunehmen ist aber, dass er während eines Heimaturlaubs in Salzburg desertierte, hier verhaftet, vom Kriegsgericht der Division 188 in Salzburg zum Tode verurteilt und deshalb in Glanegg erschossen wurde.

Hinterbliebene eines Deserteurs hatten in Österreich prinzipiell keinen Anspruch auf Opferfürsorge.

Karl REITMAIERS Vater starb in den 1950er Jahren in einer Landgemeinde.
Es dauert noch Jahrzehnte, bis die Deserteure der Deutschen Wehrmacht in Österreich gesetzlich rehabilitiert werden – mit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz des österreichischen Nationalrates.

Der am 22. März 2012 für Karl REITMAIER verlegte »Stolperstein« ist der erste in Österreich für einen Wehrmachtsdeserteur.

1 Das Gebirgsjäger-Regiment 143, das im Kriegsjahr 1940 aus Ersatzeinheiten des Wehrkreises XVIII mit Hauptquartier in Salzburg entstand, gehörte zur 6. Gebirgsjägerdivision mit Kriegseinsatz in Frankreich, Griechenland, Finnland, Lappland und Norwegen.

2 Auf dem Militärschießplatz in Glanegg wurden im September 1939 die Zeugen Jehovas Johann PICHLER und Josef WEGSCHEIDER wegen Kriegsdienstverweigerung erschossen, im Lauf des Krieges auch Deserteure, darunter Walter BRAUNWIESER, Ferdinand KOWATSCH und Karl Reitmaier aus der Stadt Salzburg.
Zu ergänzen ist, dass das Militärkommando Salzburg auf Anregung der damaligen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die Patin des »Stolpersteins« für den Kriegsdienstverweigerer Johann PICHLER ist, am 30. September 2011 in Glanegg bei Salzburg einen Gedenkstein für die Opfer des NS-Terrors, für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aufstellen ließ.

Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 22.03.2012 in Salzburg, Plainstraße 74

<p>HIER WOHNTE<br />
KARL REITMAIER<br />
JG. 1913<br />
DIENST AN DER WAFFE<br />
VERWEIGERT<br />
ERSCHOSSEN 27.6.1942<br />
IN GLANEGG</p>
Das Symbol der NS-Zivil- und Militärjustiz: Richtschwert mit Parteiadler und Hakenkreuz Foto: Gert Kerschbaumer

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